Freitag, 23. Januar 2009

Vorhang auf / Das Beste zuerst

Vorhang auf

(Nichts gegen T-shirt-Sprüche- Wahrheitsplitter auf den Punkt gebracht. Meine Lieblingswahrheit ist-
To boldly go where Star Trek doesn't thread through -
Um kühn zu sein, geh dahin wo Star Trek nicht mehr hinkommt-

-Geh auf die Suche!
Entdecke deinen Geist! Erforsche deinen Geist!  Erfahre deinen Geist!
Vor 2500 Jahren war das der Rat von Buddha an seine Schüler, um glücklicher zu leben und zu sterben und wiedergeboren zu werden. 


Mit anderen Worten: Glück ist, zu erleben, wie die Dinge wirklich sind. 
Jeder von uns erlebt die Welt anders. Jeder erlebt seine eigene Wirklichkeit. Wir bedingen uns durch eine bestimmte Wahrnehmung der Dinge. 

Solange wir nicht erleben können, wer wir wirklich sind, definieren wir uns durch Scheinidentitäten. Wir wähnen in uns eine Identität und bauen für sie unsere Wirklichkeit. Damit baue ich mir mein eigenes Gefängnis in meinen Geist. 

Auf einmal gibt es meine Identität und die Identität der anderen. Ich bin ich. Du bist du. Ich und du sind nicht dasselbe. 

Unsere Sichtweise, unsere Wahrnehmung der Realität, ist geprägt von dieser dualistischen Sicht auf die Dinge. Das Ende dieser dualistischen Sicht ist Befreiung, Erleuchtung - ist Glück.  

Eine veränderte Sichtweise ist möglich. Unsere Wahrnehmung der Dinge ist veränderbar. Unsere Wirklichkeiten sind veränderbar. Unsere Leiderleben ist veränderbar. 

Wir haben uns unser Gefängnis in unserem Geist gebaut. Und dieses Gefängnis ist auch durch die Kraft unseres Geistes wieder zerstörbar. Unser Geist hat die Kraft, zur Selbstbefreiung.

Ich sitze im Rollstuhl. Mein ganzes Leben hindurch war meine Wirklichkeit geprägt durch die Wahrnehmung der körperlichen Behinderung. Ich definierte mich durch meinen kaputten Körper. Ich wählte mir diese Scheinidentität. Mit ihr baute ich mir mein eigenes Gefängnis. 

Erst durch den Buddhismus begriff ich, dass ich dieses Gefängnis, so wie ich es mir erschaffen habe, auch wieder zerstören kann.

Durch meine Übungen veränderte sich die Wahrnehmung meiner Wirklichkeit. Meine Behinderung ist kein bloßes Gefängnis, sondern ein kostbares Werkzeug, um anderen zu helfen. Ich habe einen kaputten Körper, aber ich bin nicht mein kaputter Körper. 


Ich konnte bewusst erleben, dass die Identifikation mit dem kaputten Körper das ist, was mein Leben behindert. Und es gibt immer mehr Momente, in denen ich mich als das wahrnehme, was ich wirklich bin: Ich bin klarer Geist, klares Bewusstsein, klares Licht. 

AAA

(Wenn ein kaputter Körper sagt, ich bin kein kaputter Körper, dann ist das oft hilfreicher als ein nichtkaputter Körper, der erklären will, dass wir nicht unser Körper sind. :-))
Oder: Wenn jemand der offensichtlich im Gefängnis sizt, den Weg weitergibt um Gefängnis zu zerstören, dann kann das sehr hilfreich sein.
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Eigentlich stammt aber die Idee zu diesem Buch von einem russischen Freund. Ihm erzähle ich diese Geschichte.
Bei unserer Begegnung war Karma im Spiel. Wir hatten eine starke Verbindung in diesem Leben und erneuerten damit ein Versprechen aus vorangegangenen Leben.

"Wenn Zwei Wasser aus demselben Brunnen schöpfen, dann zeigt das, dass sie sich bereits aus dem letzten Leben kennen." -Das ist einer meiner buddhistischen Lieblingssätze. Denn er weist auf die Dimension hin, die im Spiel ist, wenn Zwei sich wieder begegnen.

Damals lebte ich in Berlin und er am andern Ende der Welt, in Sibirien.
Unser Brunnen war der DWBN-Chat. Wohl die einzige Möglichkeit in diesem Leben uns zu finden.

Denn das Versprechen, das wir uns in einem anderen Leben gegeben hatten, war, uns in jedem Leben bis zur Erleuchtung wiederzufinden und uns in unserer Entwicklung zu helfen.

Irgendwann bat er mich, aufzuschreiben, wie ich zum Buddhismus gekommen war. Aber wie es so geht... In diesem Sommer damals, hatte ich keine Zeit für lange Emails. Denn in diesem Jahr besuchte der 17. Karmapa zum ersten Mal seine Schüler in Europa.
So verabredeten wir uns für den Winter. Ich wollte ihm auf dem Sylvesterkurs 2000 in Hamburg die ganze Geschichte erzählen.

Als ich ihn warnte, dass er bestimmt Stunden brauchen würde, um mich ohne meine Assistentin verstehen zu können, lachte er nur und sagte, dass er alle Zeit der Welt für mich hätte. - Damals dachte ich auch tatsächlich, wir hätten alle Zeit der Welt.

Doch zu unserer Begegnung in Hamburg kam es nicht. Denn ein paar Tage nach unserer Verabredung war Denis tot. Er starb im August 2000 auf einer Rafting-Tour in Irkutsk. Meine Geschichte konnte ich ihm nie erzählen.

Darum will ich sie jetzt für ihn erzählen.
Also schreibe ich, schreibe und schreibe...
-und wenn sie nicht gestorben ist, dann wird sie auch noch morgen schreiben!
Wenn er die Geschichte im nächsten Leben lesen wird, dann wird er sich erinnern.

[Hier ist also nun meine Wintergeschichte für dich, Denis -Du musstest lange auf sie warten.]

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Copyright * Piri Schmidt


Das Beste zuerst

“If you want to swing on star carrymoonbeams on a jar…” (Version von Vonda Shepard in Ally McBeal!)


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Mondstrahlen- Erinnerungsbilder. Verdichtungen aus Zeit und Gefühl. Diese Bilder habe ich aufgenommen, Denis. Über die Jahre kommt da schon einiges zusammen. Wenn ich diese Bilder auffädeln würde, wäre das wie eine Kette, kostbare Medaillons. Und von allen Medaillons wäre dies das kostbarste und wertvollste.
   
Mein Leben begann mit meinem Tod. Das war 1987 im St. Josephs Krankenhaus im Freiburg IB . Ich war 24 Jahre alt.  
                                                                                                                                                                                                                                       

Zwischenzustand. Zwischen den Dimensionen. Zwischen den Ebenen. Zwischen den Welten. Zwischen Leben und Tod. – Zwischenzustand!  Zustand zwischen Leben und Tod. Zustand zwischen den Dimensionen, zwischen der Zeit, zwischen den Ebenen. 

WO ich bin, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass ich nach hause komme. Ich bin da, wo ich immer hin wollte.

Die Schwere des Körpers geht fort. Alles ist nun leicht und friedlich, jetzt. Die Liebe ist so voll. Ich bin so klar. So bewusst.ICH BIN. 
Ich sehe ein helles klares Licht. Noch bin ich nicht in diesem Licht, aber nichts wünsche ich mir mehr, als dort zu sein.
Die Worte "Licht" und "Ich" sind falsch. Denn es gibt kein „ich“, „mich“, „Licht“ dort mehr. Eigentlich gibt es auch kein Hier und Dort mehr. Es ist nur noch Bewusstsein. Ich bin reine Bewusstheit.
Und eigentlich ... „sehe“ ich das Licht auch nicht, ich fühle es. Ich bin umgeben von einem Zustand unendlicher Liebe.
Ich weiß um die Gegenwart meines Vaters. Er empfängt mich und begleitet mich. Ich sehe ihn nicht im herkömmlichen Sinne. Er ist mir bewusst. Ich höre eine Stimme. Doch mein Vater ist es nicht.
Die Stimme fragt, ob ich umkehren will. Die Worte "Hören" und "Fragen" sind falsch. Ich höre diese Frage nicht. Ich fühle diese Frage. Ich BIN die Frage. Und ich BIN die Antwort. Ich bin der Sinn der Worte. Ich bin die Energie der Frage und die Energie der Antwort. Ich BIN die Antwort.
Die Antwort kommt sofort. Ohne zu zögern entscheide ich mich zur Umkehr. Ich beschließe aufzuwachen.
Plumps! – Die Schwere des Körpers ist wieder da. Ich fühle seine Enge. In diesen plumpen Körper gehöre ich nicht. Da will ich nicht hin. Dort bin ich nicht. Ich bin dort wo das Licht ist. Ich bin dieses klare Licht.

Ich weiß genau, wo ich jetzt bin. Ich bin im Krankenhaus. Ich weiß, wo ich klingeln muss, damit die Schwester kommt.
Aber die Schwester kommt nicht, sondern ein junger Pfleger. Verlegen zögert er eine Weile. Doch dann fragt er: sag mal, wo warst du? Du hast die ganze Zeit gelächelt!
 Ich schweige. Ich bin froh noch nicht die Kraft zu haben, um reden zu können. Ich kann nicht in Worte fassen was da geschehen ist. Mir fehlen die Worte. Jedes Wort wäre falsch. Die Unfassbarkeit des Erlebten kann man nicht in Worte pressen. Jedes Wort wäre unangemessen. Was da geschehen war, werde ich nicht mit ihm teilen, weil es nichts gibt, was ich mit ihm teilen kann!

Was kann ich denn sagen? „Ich weiß jetzt was wirklich ist. Ich bin dieses klare Licht. Ich war Bewusstheit, die sich selbst bewusst war!“
Ich hatte einen Suizidversuch gemacht. Schlaftabletten und Wodka – viel viel Wodka Die Monate davor hatten mich gebrochen. Etwas Dunkles, Schweres war gekommen und am Ende fiel mir keine andere Antwort mehr ein, als eine Überdosis Schlaftabletten. 
Ich wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Der Magen wurde ausgepumpt. Trotzdem starb ich. Eine zeitlang war ich klinisch tot. 
In diesen paar Minuten hatte ich ein Nahtoderlebnis. Ich erlebte einen Zustand vollkommenen Friedens, Freiheit, Liebe. Ziemlich kitschig und abgedroschen, ich weiß. Nahtoderlebnisse sind trendy. Jeder hatte eins.
Wie auch immer - Nichts, was ich in meinem Leben je erfahren habe hat mich tiefer berührt. Nichts hat mein Leben mehr verändert.- Mehr beeinflusst. Mehr Richtung gegeben. Eine andere Richtung gegeben.

In diesem Moment war mir das nicht so klar. Da war zuerst mal eine unglaubliche Wut auf alle, die meinen Plan verhindert hatten. Die Wut war wohl eher Verwirrung. Ich schlug die Augen auf und war verwirrt. Warum hatte ich gewählt in mein Gefängnis zurück zu kehren. Ich war doch schon entkommen.
Hatte ich mich nicht schon selbst befreit? Ich hatte ja keine Ahnung, wie weit ich noch von dem, was wirkliche Selbstbefreiung ist, entfernt war.
Hier und jetzt begann die Suche. Die Suche nach Antworten.
Was war da mit mir geschehen? Ich hatte keine Erklärungen, Bilder, Konzepte. Und das konnte so nicht bleiben. Ich musste ein Konzept finden, dass mir erklärte, was mit mir geschehen war.
Meist kommt ja erst die Theorie und dann die Praxis. Bei mir war es umgekehrt! Darum kann ich jetzt sicher sein, dass die Theorie, der Erklärungsansatz, den ich entdeckt habe, stimmt. Verstehst du was ich meine, Denis?

Wenn du mich heute fragst, Denis, wie ich zum Dharma gekommen bin?- Das ist der Grund! 

OOO
Copyright * Piri Schmidt
 

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